Abenteuer und Erfahrung – gute ‚Berater‘ in unsicheren Zeiten

In der ALEA-Beratungspraxis orientieren wir uns seit fast 25 Jahren an der Struktur des Abenteuers. Ohne den Realitätsblick zu verlieren, können im Abenteuer auf einer spielerischen Ebene neue Erfahrungen gemacht werden, können Erkenntnisse über den Umgang mit Krisen, mit Unsicherheiten und Widerständen gewonnen werden, kann sich eine zuversichtliche Haltung für die Bewältigung der unbestimmbaren Zukunft entwickeln. Warum eigentlich?

Ein Abenteuer verstehen wir als Unternehmung, in der sich eine Person oder eine Gruppe aufmacht, die „bekannte Welt“ zu verlassen, um ein ambitioniertes Ziel zu erreichen, sich zu bewähren, die Horizontlinie zu verschieben oder um einfach etwas Neues zu wagen. Ein Abenteuer ist keine sichere Angelegenheit, es ist ergebnisoffen und die Gefahr des Scheiterns ist immanent.

„Men wanted for hazardous journey. Small wages. Bitter cold. Long months of complete darkness. Constant danger. Safe return doubtful. Honour and recognition in case of success.“

Die berühmte Zeitungsanzeige, die Sir Ernest Shackleton um 1914 aufgegeben hat, um Crew-Mitglieder für seine bevorstehende Südpolexpedition zu rekrutieren, bringt die Unsicherheit und Widerständigkeit, aber auch die in der Bewährung liegende (innere) Belohnung sehr gut zum Ausdruck.

Abenteurer*innen sind also bewusst handelnde Menschen, die ein für sie lohnenswertes, attraktives Ziel erreichen wollen. Sie bereiten sich auf das Vorhaben und die bevorstehenden Herausforderungen gewissenhaft vor, entwickeln Strategien und Handlungspläne.

Allerdings kann in der „unbekannten Welt“ nicht alles vorausgeplant werden. Es treten Situationen auf, in denen bewährte Handlungsmuster, also Routinen nicht mehr greifen: Der Fluss, den es zu überqueren gilt, ist plötzlich reißender, als erwartet, der Gebirgspass ist tief verschneit und unüberwindbar. Der Wind für die Ozeanüberquerung, ist über Tage und Wochen eingeschlafen, …

Es braucht in diesen Situationen Handlungsalternativen. Entscheidungen müssen getroffen werden, wie über andere, neue Wege das Ziel dennoch erreicht werden kann und wie man die Zeit, bis es weiter geht, sinnvoll verwenden kann. Wesentlich für diese Entscheidungen ist, dass das Ergebnis meiner Handlung nicht vorhergesagt werden kann, sondern offen bleibt. Allerdings bin ich zuversichtlich und vertraue aufgrund meines Wissens, meines Abwägens und meiner Besonnenheit auf eine erfolgreiche Handlung.

Im krisenhaften Modus

Solche Handlungskrisen spielen sich nicht nur äußerlich, im Operativen ab. Auch innerlich können wir in schwierige Situationen geraten. Angst, Zweifel, Entscheidungsunsicherheit, schwindende Zuversicht und Verzagen sind nur einige Aspekte, die uns auf solchen Unternehmungen begegnen können. Diese inneren Krisen wirken sich auf die Art und Weise aus, wie wir miteinander intragieren. Dies kann zu Solidarität oder aber auch zu Störungen untereinander führen. Hier gilt es, die Dynamiken im Blick zu haben und bei aller eigenen Betroffenheit und Involviertheit die Befindlichkeiten aller Beteiligten zu respektieren. Es geht uns allen gerade anders und das wirkt sich auf unsere Interaktionen aus.

Es gilt nun, sich um die eigene Motivation und um die der ‚Gefährten‘ zu kümmern. Es geht darum, bei der Bewältigung von unvorhergesehenen Schwierigkeiten und Gefahren, das große Ziel (vorübergehend) aufzugeben, weil es nun wichtig ist, sich den plötzlich auftretenden Herausforderungen zu widmen. Kurzum, nun gilt es, situationsangemessen und authentisch zu handeln zum Wohle der mir anvertrauten Menschen, der Organisation und natürlich auch zu meinem eigenen.

 

Sicherheit – Trocken – warm – satt

Wenn wir die aktuelle COVID-19-Krise betrachten, dann befinden wir uns alle in einer unfreiwilligen Krise. Es wird kaum Menschen geben, die die Auswirkungen, die der Umgang mit dieser Situation mit sich bringen, im Vorfeld antizipieren konnten.

Wegbrechende Geschäftsfelder, die Umstellung auf Homeoffice,  Handlungs- und Kommunikationsroutinen, die plötzlich nicht mehr wirksam sind, weil neue Umstände, neues Handeln erfordern, Rollen, die neu definiert werden müssen, … – all das ist erlebte Disruption.

In vielen Fällen ging es in den zurückliegenden Tagen zuerst einmal darum ‚trocken, warm und satt‘ zu bleiben. Der Corona-Virus hat uns vor Augen geführt, wie wichtig es ist, die Maslow‘schen Grundbedürfnisse‘ befriedigt zu wissen.

Nach wenigen Wochen ist die Bedrohung zwar nicht geringer geworden, aber wir haben uns an die Situation gewöhnt und nehmen sie an, wie sie ist. Viele Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeiter*innen stellen sich auf die neue Situation ein und ‚managen‘ diese ganz im Sinne des Abenteurers, dessen Unternehmung von der widerständigen Natur unterbrochen wird:

  • was können wir tun, um die Kommunikation unter uns zu unseren Kunden, Auftraggebern und Kooperationspartnern aufrecht zu erhalten?
  • was erzeugt Sicherheit?
  • welche Werkzeuge sind jetzt hilfreich und welche aktuell gerade nicht?
  • wo müssen wir unsere Art und Weise der Zusammenarbeit und Kommunikation anpassen?
  • wie können wir unseren Geschäftszweck aufrecht erhalten?
  • was machen wir, wenn wir in 3 Wochen, 4 Monaten, … zu unserem ursprünglichen Plan zurückkehren können?
  • was machen wir bis dahin?

Das erzählte Abenteuer am Lagerfeuer – Reflexion und Evaluation des Geschehenen

„Erfahrung“ ist der zweite Begriff, der unmittelbar mit der DNA unseres Unternehmens verknüpft ist und das für uns in unserer Beratungspraxis handlungsleitend ist.

Vielleicht kennen Sie die Situation nach einer Bergwanderung mit Freunden, wenn Sie am Abend gemeinsam in der Hütte eine Brotzeit einnehmen und die Geschehnisse des Tages Revue passieren lassen. Geschichten und Erlebnisse werden geteilt. Was waren die tollen Eindrücke? Wo war es ‚hakelig‘? Wie sind wir mit dem Regen umgegangen, und welch ein Glück man doch hatte, als sich der Nebel schnell wieder verzog? Wer hatte wann Lust, Freude, Glück, keine Lust, Angst, etc. verspürt und warum? Das sind die wichtigen Reflexionseinheiten, in der wir uns das Geschehene bewusst machen.

Lerntheoretisch sprechen wir von einer Erfahrung, wenn wir unser Handeln und unser Erleben während und nach einer spezifischen Handlung reflektieren und evaluieren.

Lerntheoretisch sprechen wir von einer Erfahrung, wenn wir unser Handeln und unser Erleben während und nach einer spezifischen Handlung reflektieren und evaluieren.

Die Nachbetrachtung und Formulierung dessen, was wir in einer spezifischen Situation getan, gedacht, empfunden haben, ist die Grundvoraussetzung dafür, dass wir nicht nur blinder Passagier dessen sind, was die Situation uns abverlangte, sondern lernen können, welche Aspekte und welche Fähigkeiten dazu führten, die Herausforderung zu bewältigen und wo ich meine Schwierigkeiten hatte, um die ich mich ggf. kümmern möchte, damit ich beim nächsten Mal souveräner handeln kann.

Im Grunde ist dies ein Grundmuster von Persönlichkeitsentwicklung und individuellem Lernen.

Um abschließend zu formulieren, was wir aus der COVID-19-Krise gelernt haben, ist es sehr wahrscheinlich noch viel zu früh. Die Krise dauert noch an. Die Veränderungen, die uns ggf. noch abverlangt werden, sind noch überhaupt nicht ersichtlich.

Aktuell ist es wichtig, dass Sie sich um die Bewältigung der Themen kümmern, die aufkommen, weil Sie den gewohnten Plan nicht erfüllen können, die Komfortzone verlassen mussten.

Es gilt, die Situation zu reflektieren und an die veränderten Gegebenheiten anzupassen.

„Auf Sicht fahren“ ist ein dazu vielgenutzter Begriff, der aktuell sehr häufig bemüht wird und all den Segler*innen bekannt ist, die sich plötzlich in dichtem Nebel wiederfinden und der Plan von der freien Fahrt nicht möglich ist.

Was können Sie tun?

Wenn Sie für sich, für Ihre Rolle und für unternehmerisches Handeln aus der Krise lernen wollen, dann suchen Sie regelmäßig ‚das Lagerfeuer auf‘ und…

  • reflektieren Sie für sich persönlich, was Ihnen gerade gut gelingt, womit Sie keine Schwierigkeiten haben und was nicht gut gelingt.
  • folgen Sie den eignen Emotionen – in welchen Situationen bin ich motiviert, neugierig, mutig, aber auch unsicher, ängstlich, sorgenvoll.
  • haben Sie Ihre eigene Motivation und die Ihrer Mitarbeiter*innen gut im Blick. Beobachten Sie, was die Stimmung verbessert und wo Störungen entstehen.
  • kümmern Sie sich verantwortungsvoll um beides und seien Sie dabei tolerant – es könnte sein, dass Ihre Kolleg*innen ggf. eine emotional schwierige Phase haben.
  • entwickeln Sie Handlungsoptionen – ‚was können wir jetzt tun?‘ und ‚was können wir machen, wenn …?‘ sind hilfreiche Fragen.
  • überlegen sie gemeinsam mit Ihren Mitarbeiter*innen, wie Sie diese Situation zusammen bewältigen und welche Veränderungen Sie dafür vornehmen müssen.
  • sehen Sie auch die Möglichkeiten und Chancen, die diese Krise mit sich bringt – plötzlich ist vieles möglich, was zuvor jahrelang zäh vor sich hin dümpelte.
  • wenn Sie Unterstützung brauchen, dann sprechen Sie mit Kolleg*innen, mit Freunden oder mit einem professionellen Coach

Das aller Wichtigste jedoch.

Bleiben Sie gesund!

Text: Andreas Kalischefski

Fotos: Andreas Kalischefski

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