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Was tun, wenn’s knirscht? – Konfliktklärung in Unternehmen

02. September 2019

Wie nähert man sich dem Thema ‚Konflikt’, ohne Plattitüden zu verwenden?

Das ist nahezu unmöglich; denn über Konflikte wurde schon so vieles geschrieben und ihnen schon fast alles zugeschrieben. Sie sind wertvoll, eine Chance, fruchtbar, für manche auch furchtbar, störend, heikel, unangenehm, lästig, ein Gradmesser, teuer, … ! Und nicht zu vergessen; sie sind ganz normal und alltäglich!

Schwierige Gefühle heizen den Konflikt an

Kaum jemand empfindet Konflikte als eine angenehme Sache. Dies hat mit den schwierigen Gefühlen zu tun, die entstehen, sobald wir uns in einer Konfliktsituation befinden.

Je stärker eine subjektive Bedrohung für uns wird, desto egozentrischer und selbstbezüglicher verhalten wir uns. Die schwierigen Gefühle und die damit ausgelösten Abwehrreaktionen werden intensiver. Steigt unser Gegenüber mit seinen Verletzungen und ‚schwierigen Gefühlen’ mit ein, befinden wir uns in einem gegenseitigen Reiz-Reaktionsmuster. Wir machen uns in unseren Annahmen und in unserem Tun gegenseitig verantwortlich für die negativen Emotionen, für die Taten, Angriffe, Unverschämtheiten und Verletzungen. Die Schuld, die Verantwortung für die Misere wird beim Gegenüber gesucht. Die Gegenpartei ist der Schuft, der Übeltäter, der Fehlsichtige, … So können sich Konflikte ewig ‚drehen’.

Im Rahmen eines Beratungsprozesses bei einer Behörde war die Zusammenarbeit zweier Führungskräfte massiv gestört. Die Konflikte zwischen beiden Kollegen wirkte sich auf die ganze Abteilung aus. Es herrschte Streit, Misstrauen, Lagerbildung, Bypass-Führung, offene und unausgesprochene Loyalitätsverweigerung. Im Rahmen einer Konfliktklärungshilfe stellte sich heraus, dass die ursprünglichen Anlässe mittlerweile 29 Jahre zurück liegen.

Konflikte blockieren die Kommunikation, Zusammenarbeit, Kreativität und Flexibilität. Sie absorbieren Wahrnehmung, Konzentration und Vertrauen, sie beeinflussen Entscheidungen und zerstören im schlimmsten Fall das Klima, die Zusammenarbeit, Gruppen, Teams, Abteilungen, gemeinsame Werteorientierungen und Güter.

Konflikte im Beruf sind keine Privatangelegenheit – sie zu klären ist die Verantwortung der Führungskraft

Die Klärung der Konflikte ist Aufgabe der jeweiligen Führungskraft. Sie trägt die Verantwortung, Konflikte zwischen MitarbeiterInnen innerhalb des eigenen Verantwortungsbereiches und auch zwischen ihren MitarbeiterInnen und sich selbst anzusprechen und zu klären. Wenn sie selbst es nicht leisten kann, muss diese Konfliktklärung delegiert werden.

Überall dort, wo Menschen miteinander arbeiten, treffen unterschiedliche Sichtweisen, Bedürfnisse, Ansprüche und Lösungsstrategien aufeinander. Das ist auch wichtig, richtig und gut, da der inhaltliche Diskurs und der Streit über Sach- und Verfahrensthemen, über unterschiedliche Haltungen und Meinungen, die Kreativität, Innovation und Entwicklung überhaupt erst ermöglichen.

Konfliktprävention ist möglich

Für eine solche Diskussions- und ‚Streit’-Kultur ist eine vertrauensbasierte, konstruktive Zusammenarbeitskultur unumgänglich. Warum?

Weil es bei intensiven, fachlich motivierten Auseinandersetzungen auch immer dazu führen kann, dass man seinem Gegenüber ‚in den Vorgarten tritt’; ihn in seinen Werten, Zielen und Bedürfnissen irritiert, unabsichtlich persönliche Grenzen überschreitet und wunde Punkte berührt. Genau dies erzeugt in uns die schwierigen Gefühle. Solche Störungen müssen von Zeit zu Zeit angesprochen und geklärt werden. Hierbei helfen einzig und alleine der Austausch über die jeweils subjektiven Wahrheiten und die Bereitschaft, sich gemeinsam die Dynamik anzusehen und ggf. Vereinbarungen für den weiteren Umgang untereinander zu treffen.

Im Umkehrschluss bedeutet das also, dass eine konstruktive Feedback-Kultur und ein auf Vertrauen aufgebautes Kooperationsverhältnis die beste Prophylaxe vor chronischen Konflikten darstellt.

Welche Klärungsmethode und –intensität hilfreich ist, hängt vom Konflikt und Ihren Zielen ab

Der Zeitpunkt und die Wahl der Interventionen sind abhängig von der Konfliktdynamik und den Zielen, welche das Unternehmen, bzw. die verantwortliche Führungskraft verfolgen. Dabei sind verschiedenste Dimensionen zu beachten:

Wer ist von diesem Konflikt alles betroffen? Wie ‚heiß’ ist der Konflikt? Oder herrscht Eiseskälte? Ist er hierarchisch oder ‚demokratisch’ – also unter Kollegen? Ist er innerhalb einer Organisationseinheit oder betrifft er mehrere und welche unterschiedlichen Motivationen und Ziele zur Lösung entstehen daraus? Wer wird zur Bearbeitung des Konfliktes beauftragt; die Führungskraft, die PE, der Personal- oder Betriebsrat, eine Schlichtungsstelle, ein externer Dienstleister, …? Was wurde denn schon alles diesbezüglich unternommen?

Was ist also die beste Intervention? Reichen Vier-Augen-Gespräche? Ist eine Teamentwicklung, ein strukturiertes Feedback, oder gar eine Konfliktklärungshilfe, bzw. eine Mediation angebracht? Ist eine sofortige Trennung vielleicht die bessere Wahl – oder möchte und kann man auf die Person und deren Expertise nicht verzichten und will der Kultur eine zweite Chance geben? Reicht ein sachlicher Kompromiss oder ist es wichtig, die Beziehung zwischen den Konfliktbeteiligten zu klären, also gemeinsam in die Vergangenheit zu schauen, um diese zu verstehen?

Wenn es nun so ist, wie es ist und sich nicht so leicht ändern lässt, wie wollen Sie denn ab jetzt zusammen arbeiten?

Ungeachtet der Klärungsmethode – am Ende muss immer die Frage nach dem weiteren Vorgehen, nach Verabredungen zur gemeinsamen Gestaltung der Kommunikation, der Zusammenarbeit, des Miteinanders erörtert werden! Die Planung der Zukunft ist unumgänglich.

Mediationen und Konfliktklärungen sind immer ergebnisoffen. So kann es also sein, dass die Protagonisten erkennen, dass ihre Störungen und gegenseitigen Verletzungen unüberwindbar sind und eine weitere Zusammenarbeit unmöglich ist und aufgekündigt werden muss. Konfliktklärung ist also keine Intervention zur Harmonisierung. Im Gegenteil; es geht dabei um Klarheit – nicht um Schönheit.

Die Rolle der Führungskraft ist nicht immer einfach

Vielleicht ist dies ein Grund, warum Führungskräfte sich manchmal schwer tun, sich Hilfe zur Klärung ihrer abteilungs- oder teaminternen Konflikte zu holen.

Eine Führungskraft fragte unlängst, warum man denn die offensichtlichen Konflikte in seinem Bereich überhaupt ansprechen müsse – „wenn man da ran geht, wirbelt das doch nur mehr Staub auf und macht es nur noch schlimmer!“.

Wer öffnet schon gerne die Büchse der Pandora? Da bekommt man es hautnah mit den Emotionen, den schwierigen Gefühlen und den ‚hässlichen’ Seiten der Beteiligten zu tun. Das auszuhalten ist nicht jedermanns Sache und dafür sind Führungskräfte in der Regel auch nicht ausgebildet.

Manchen fällt es auch deshalb schwer, bei ihren Vorgesetzten oder bei der PE Hilfen anzufragen, weil sie fürchten, dass ihnen die Existenz oder Eskalation von Konflikten in ihrem Verantwortungsbereich als Führungsschwäche ausgelegt werden könnte.

Es ist ja auch nicht ganz einfach, als Führungskraft Konflikte zu moderieren – schon gar nicht, wenn die Führungskraft selbst Teil des Konfliktes ist.

Es bedarf dabei einer hohen Rollenklarheit im Klärungsprozess, die es an allen Stellen der Moderation transparent macht, aus welcher Rolle heraus die Führungskraft gerade agiert; als Konfliktbeteiligter mit seinen eigenen schwierigen Gefühlen, als Chefin und Entscheiderin, die sachliche Ziele verfolgt oder als Mentorin und Coach des Angestellten, die die Entwicklung ihrer Mitarbeiter im Fokus hat, und als neutrale Moderatorin des Prozesses, die gerade die Methodenhoheit hat und allparteilich sein muss, und zuletzt als private Person mit all den eigenen Anteilen, Werten und Einstellungen.

Welchen Rat können wir Ihnen also abschließend geben?

  • Betrachten Sie Konflikte am Arbeitsplatz als ganz normales Alltagsphänomen.
  • Sie können über Teamentwicklung und die Pflege Ihrer Feedback- und Vertrauenskultur präventiv tätig sein.
  • Seien Sie nicht überrascht, wenn trotzdem Konflikte entstehen!
  • Zeigen Sie sich für die Thematisierung und Klärung verantwortlich und scheuen Sie sich nicht davor, rechtzeitig Beratung und Hilfen anzufragen.
  • Wenn Sie sich unverbindlich über die Möglichkeiten der Konfliktklärung informieren möchten – kontaktieren Sie uns.

 

Text: Andreas Kalischefski

Foto: iStock