(Hybride) Teams stärken

Vertrauen und persönlicher Kontakt als Garant für erfolgreiche Zusammenarbeit

 

Die Transformation zu einer hybriden Arbeitswelt ist in vollem Gange. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung stark beschleunigt und das hybride Arbeiten am eigenen Platz im Homeoffice und an shared spaces im Büro zum new normal festgesetzt. Die coronabedingte Pflicht zum Homeoffice ist nicht überall auf Begeisterung gestoßen. Sowohl Unternehmensinhaber:innen, wie auch Führungskräfte und Beschäftigte ohne Führungsaufgabe waren zum Teil verunsichert und betrachteten vorsichtig die Entwicklungen hin zu einer neuen Arbeitswelt. Und dabei sind Arbeitnehmende und Arbeitgebende häufig geteilter Meinung.

Die Arbeitnehmenden begrüßen häufig die flexiblen Arbeitsmodelle und ihre Vorteile und lehnen eine Rückkehr zur reinen Büroarbeit ab. Konsequenterweise verändert sich damit auch das Verhältnis der Beschäftigten zu ihrem Arbeitsplatz. Der Microsoft Work Trend Index von 2022 scheint diese Entwicklung zu belegen: 38% aller in Deutschland Beschäftigten (weltweit sind es sogar 53%) legen neue Maßstäbe an ihren Job an. Die Bedeutung des „wie, wo und wann“-Arbeitens hat enorm zugenommen. Laut einer Studie vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln vom Januar 2022 möchte fast die Hälfte aller Befragten auch in Zukunft gern von zu Hause arbeiten. Dies deute, so die Forschungsergebnisse, auf eine „hohe Zufriedenheit und Offenheit gegenüber dem Homeoffice“ bzw. gegenüber flexiblen Arbeitsformen hin.

Gleichzeitig sehnen sich nicht nur Führungskräfte nach dem Büroalltag des Jahres 2019: Überall wird geplaudert, der Kaffee fließt in Strömen, Kolleg:innen treffen sich auf den Fluren und in der Kantine. Der Teamzusammenhalt und der persönliche Kontakt untereinander haben nachgelassen. Das persönliche Gespräch und auch der unmittelbare fachliche Austausch werden vermisst.

Vertrauen und Empathie – ein Mindset für eine gelingende Teamkultur

Eine hybride Arbeitswelt benötigt eine Abteilungs- und Teamkultur, die die Bereitschaft fördert, Arbeitsweisen neu zu gestalten und dabei die zwischenmenschliche Ebene nicht vernachlässigt. Insbesondere das Gespräch unter den Mitarbeitenden muss vor dem Hintergrund reduzierter Kontaktmöglichkeiten gefördert werden. Digitale tools und effektive Online-meetings stellen nur eine Seite der Lösung für die Herausforderung dar. Menschen brauchen den Kontakt, auch in der Organisation, im Unternehmen. Sie müssen sich sehen, wollen Nähe erleben und sich austauschen, und zwar direkt und ganz unmittelbar. Vertrauen bildet sich nicht online, sondern im direkten Kontakt.

Remote work erfordert zudem von der Führungskraft ein starkes Zuhören, ein hingewandtes Zuhören. Wie kommen alle Beteiligten mit den Anforderungen an die Selbstorganisation zurecht? Wie sind die Erfahrungen mit der zunehmenden Vermischung bzw. der notwendigen Abgrenzung von Privatem und Beruflichem? Dies sind nur einzelne Fragen, die aufgrund des eingeschränkten persönlichen Kontaktes um so mehr an Bedeutung gewinnen.

`Menscheln` statt fachlichem Input

In den vergangenen Wochen wurden wir von einem Leadership-Team beauftragt, ein Offsite-Meeting zu konzipieren. Dieses Meeting solle einen hohen Anteil an Austauschmöglichkeiten eröffnen, so ein Auftraggeber. Das Team hätte in den vergangenen zwei Jahren zwar hervorragend performt, doch der persönliche Kontakt sei aufgrund der flexiblen und mobilen Arbeitszeiten und -räume vernachlässigt worden. Alle haben sich zwar durch die zwei Jahre der Pandemie hindurch gekämpft, aber die Reflektion und das Begegnen in den unterschiedlichen Erlebnissen sei dabei auf der Strecke geblieben. Einen fachlichen Input oder Reflexion des beruflichen Handelns solle gar nicht thematisiert werden. `Menscheln` wäre angebracht, sich wieder einmal abzuholen und zwischenmenschlich zu begegnen, der persönliche Kontakt solle im Fokus stehen.

„Raus aus der Routine“ – unter diesem Thema wurde eine ausgedehnte Orientierungswanderung im Wald mit anschließender Kanutour zurück zum kleinen Landhotel geplant. Das Team versorgte sich mit der notwendigen Ausrüstung wie Rucksack, Karte, Kompass, Verpflegung und machte sich auf den Weg. Kreative Lösungen mussten gefunden werden, da für die Zubereitung des warmen Mittagessens etwas Wichtiges auf dem Verpflegungsbasar vergessen wurde. Die herbstlichen Farben des Waldes und die durchras Blätterdach scheinenden Sonnenstrahlen regten die Gespräche während der Wanderung an. Eine kleine Lichtung als ein besonderer Ort im Wald ermöglichte einen ausführlichen und intensiven Austausch zu der persönlichen Bilanz der vergangenen zwei Jahre.

Nun, das Leadership-Team hat die Zielvorstellung des Meetings nicht ganz erreicht und den Fokus auch hin und wieder mal auf die Arbeitssituation gerichtet. Und das ist auch verständlich. Aber, sie haben mit dem „Draußen-Arbeiten“ sowie durch die Aktivitäten des Gehens/Wanderns und des Kanufahrens und dem persönlichen Austausch über unterschiedlichste Themen ein update ihres Team-commitments hergestellt.

Unterwegs auf dem Fluss, im Wald, auf dem See

Ähnliche Anfragen haben wir in den letzten Monaten vermehrt erhalten. Dass dabei der Wunsch nach Draußen-Sein immer wieder geäußert wurde, ist leicht nachvollziehbar. Lassen Sie mich hier drei Begründungen nennen:

  • Die Freude am Draußensein ist etwas, dass die meisten von uns zutiefst bewegt. Dort gewinnen wir Abstand zum Arbeitsalltag und können die Menschen, mit denen wir diesen bestreiten, auf eine andere Art kennenlernen. Ungewöhnliche Settings ermöglichen ungewohnte Lernerfahrungen in einer neutralen und risikofreien Atmosphäre.
  • Die aufgesuchte Landschaft ist ebenso von Bedeutung, denn sie wirkt als ein Türöffner für Stimmungen und Atmosphären und kann unseren Fokus neu ausrichten. Nehmen Sie sich einmal ein paar Sekunden Zeit, schließen Sie ihre Augen und lassen Sie sich in verschiedene Landschaften hineinziehen. Wir wirkt der Raum auf Sie? An welche Stimmungen denken Sie, wenn Sie einen See betrachten, in einem Mischwald spazieren gehen, auf einem Bergrücken stehen oder das Meer wahrnehmen? Landschaften und Orte wirken emotional auf uns. Der einen umschließende Wald dient uns oftmals als Reflexionsraum für Gefühlszustände, die weite Sicht auf einen Berggipfel verhilft zu Klarheit und unterstützt das Entwickeln von Visionen, der Blick auf das endlose Meer weckt in uns eine Sehnsucht.
  • Auch die Bewegung durch den Raum trägt zu einem erfolgreichem Teammeeting bei. Das Gehen hat zum Beispiel nicht nur entschleunigenden Charakter, sondern es aktiviert durch die rhythmische Vorwärtsbewegung auch das Denken, es verhilft dazu, klare Gedanken zu fassen und schwierige Situationen neu zu betrachten.
    Der gleichmäßige Rhythmus der Paddelbewegung im selbstgebauten Drachenboot lässt die Einzelnen im Team unmittelbar das erfolgreiche Handeln spüren und trägt zur Kohärenz des Teams bei.

Vielleicht inspirieren die Fotos ja auch Ihre Lust, mal wieder rauszugehen…

 

Martin Lindner