Coaching und Digitalisierung
Im Face-to-Face Dialog stellt die sinnliche Wahrnehmung, wie das Hören der Stimme und der Zwischentöne oder das Sehen der unterschiedlichen körperlichen Regungen die Grundlage für ein empathisches Wahrnehmen und somit für das Verstehen des Gegenübers dar. Im Coaching-Prozess ist diese wechselseitige, ganzheitliche Wahrnehmung der Ausgangspunkt des Dialogs und der Entwicklung von Vertrauen.
Beim Onlinecoaching richtet sich die Aufmerksamkeit zwar vorwiegend auch auf das Sehen und das Hören, die Nahsinne des Riechens und des Tastens verschwinden sogar gänzlich. Das Sehen ist aber nur vermittelt vorhanden, da die Gesichtsmimik auf dem Bildschirm lediglich reduziert wahrgenommen werden kann. Unbewusst kontrollieren sowohl Coach als auch Coachee ihre Mimik, wenn sie sich selbst beim Reden oder Schweigen beobachten. Körperliche Reaktionen wie die Sprache der Hände oder das Übereinanderschlagen der Beine entziehen sich dem Blickfeld und können nicht wahrgenommen werden.
Damit kommt im Online-Coaching der Stimme die größte Bedeutung zu. Sie ist dann das einzige Medium, das Schwingungen transportiert, unbewusstes Wissen offenbart und somit das einzige Hilfsmittel für den Coach, gemeinsam mit dem Klienten das „Thema hinter dem Thema“ zu erkunden.
Im Präsenz-Coaching gibt es natürlich auch die Orientierung an der im Auftrag formulierten Zielsetzung. Allerdings erlaubt die ganzheitliche Wahrnehmung immer einen Wechsel der Richtung des Dialogs. Methoden und Gesprächs- bzw. Fragetechniken des Coaches sollten passend zu der jeweiligen Situation eingesetzt werden, und nicht umgekehrt. Aus diesem Dialog entstehen Entwicklungsimpulse für den Klienten.
Im E-Coaching auf virtuellen Plattformen muss der Coach sehr versiert und erfahren sein, wenn er nicht der Logik des Programms erliegen möchte. Es können natürlich in der virtuellen Welt kreative, überraschende und für die Reflexion des Klienten hilfreiche Momente entstehen. Ob aber, wie etwa bei dem Coaching-Spaziergang durch virtuelle Räume mit direktiven Aufforderungen durch den Coach, ähnlich frei flottierende Gespräche entstehen können wie bei dem Coaching-Spaziergang in der Natur, ist zumindest fraglich.